Klinisch reine Logistik

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Die St. Franziskus-Stiftung und FIEGE haben 2001 gemeinsam Neuland betreten. Das medicalORDERcenter (MOC) in Ahlen war das erste seiner Art und ist bis heute europaweit einmalig geblieben. Mittlerweile agiert es als Krankenhausapotheke, Warenhandelsgesellschaft oder Zentralsterilisation für 600 Praxen und über 50 Kliniken – auch außerhalb des Münsteraner Verbundes.

Das Gesundheitssystem steht vor großen Veränderungen. Ein solcher Umbruch bietet neben vielen Risiken auch immer die Chance, neue und derzeit noch unbekannte Wege einzuschlagen. Eine Ausgangslage, die die St. Franziskus-Stiftung und FIEGE bereits kennen, denn sie haben vor 20 Jahren mit der Gründung des medicalORDERcenters genau das getan.

„Die bestehende Krankenhausapotheke des St. Franziskus-Hospitals Münster war zu klein geworden. Die Pläne für eine Ausgliederung lagen bereits in der Schublade“, erinnert sich Georg Rosenbaum, Geschäftsführer der MOS GmbH und MOIN GmbH sowie leitender Apotheker des medicalORDERcenters in Ahlen. Hinzu kamen grundlegende Veränderungen durch den Gesetzgeber im Bereich der Krankenhaushygiene. Die sogenannte Reinraumtrennung für Zentralsterilisationen machte eine vollständige Neuorganisation der Sterilisationsabteilungen erforderlich.

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Das medicalORDERcenter in Ahlen bietet drei Bereiche der Klinikversorgung: Krankenhausapotheke, Warenhandelsgesellschaft und Zentralsterilisation. (Foto: FIEGE)

Zentralisierung der Logistik – Dezentralisierung von Know-how

An diesem Punkt sei die St. Franziskus-Stiftung mit FIEGE ins Gespräch gekommen. „Gemeinsam wurde die Idee entwickelt, Krankenhausapotheke, Sterilisation, Einkauf und Warenlager an einem Standort zu zentralisieren und im gleichen Gebäude unterzubringen“, sagt Rosenbaum. Ein revolutionärer Schritt, der 2001 mit der Inbetriebnahme des MOC in Ahlen in die Tat umgesetzt wurde.

Die Herausforderung bestand darin, durch die Akquise weiterer Partner auch außerhalb der St. Franziskus-Stiftung Neugeschäfte zu gewinnen und damit die Investition in die Infrastruktur langfristig abzusichern. Die modularen Angebote aus einer Hand sollten die gestiegenen Qualitätsansprüche der Kunden absichern sowie neue Aspekte einer externen Versorgung, wie beispielsweise Scanning im Korb-Modulsystem, einen Versorgungsassistentenbetrieb oder Stationsapotheker:innen in den Kliniken vor Ort darstellen.

Die Startphase nach dem Prinzip „aus Alt mach Neu“ sei aus vielen Gründen aufreibend gewesen. Die Einführung des Euro, ein völlig neues EDV-System inklusive chaotisch-dynamischer Lagerhaltung, die Standardisierung von Sortimenten und der Aufbau einer Dienstleistungs- und Distributionsstruktur: „Es hat an allen Ecken und Kanten geruckelt. Aber wir haben die Nerven behalten, über Monate die richtigen Entscheidungen getroffen, uns sukzessiv die Akzeptanz auf medizinischer Seite erarbeitet und gezeigt, dass wir auch für externe Kliniken einen Benefit bieten können“, bilanziert Rosenbaum.

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Großer Kundenkreis: Aus dem MOC werden 50 Kliniken und 600 Arztpraxen modular versorgt. (Foto: FIEGE)

Wachstum macht Anbau erforderlich

Das MOC verfügt seither über drei modulare Bereiche in der Klinikversorgung: Krankenhausapotheke (medicalORDERpharma), Warenhandelsgesellschaft (medicalORDERservices GmbH) und Zentralsterilisation (medicalORDERinstruments GmbH). Um die Lagerbewirtschaftung der Medizinprodukte kümmert sich FIEGE, bündelt sämtliche Warenströme des Centers für die Distribution und organisiert den regionalen und überregionalen Transport. Rosenbaum: „Zu Beginn vor über zwanzig Jahren standen sechs Krankenhäuser auf unserer Kundenliste. Heute sind es 50 Kliniken und 600 Arztpraxen in unterschiedlich modularer Versorgung.“

Um diese organisatorische, technische und logistische Meisterleistung zu bewerkstelligen, ist ausreichend Platz erforderlich. 2012 wurde in Bochum ein zweiter MOC-Standort in gleicher Ausstattung eröffnet, 2017 wurde das Gebäude in Ahlen um ein Hochregallager sowie Büro- und Sozialflächen erweitert. Mittlerweile arbeiten rund 260 Menschen in den MOC-Standorten. „Wir lagern etwa 1.300 verschiedene Arzneimittel und haben neben 3.500 Artikeln im Medizinproduktelager noch etwa zehn Mal so viele Durchläufer. Unsere Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte, die ihre Dienstleistungen für alle medizinischen Einrichtungen anbietet, bereitet jährlich rund 160.000 Sterileinheiten auf“, beschreibt Rosenbaum die aktuellen Dimensionen.

Krisenfest und krisenerprobt

In einer streng regulierten und globalisierten Branche wie der Pharmaindustrie die Versorgungssicherheit von Patient:innen bis auf die Stationen, in die Arzneimittelschränke und die Operationssäle sicherzustellen, ist tagtäglich eine herausfordernde und komplexe Aufgabe. Erst Recht, wenn weltweite Lieferkettenabrisse das System an den Rand eines Kollaps bringen. Rosenbaum berichtet: „Gemeinsam mit FIEGE haben wir die Expertise mit Flexibilität und Erfahrung aufgebaut, die dieser Job erfordert. So haben wir auch während der Corona-Pandemie unser volles Dienstleistungsspektrum aufrechterhalten können.“

Auch zwanzig Jahre nach Eröffnung des MOC gibt es europaweit kein vergleichbares Projekt, bei dem die drei Dienstleistungsbereiche – „Dreifaltigkeit“, wie Rosenbaum es mit einem Augenzwinkern nennt – in einem Gebäude untergebracht sind und das aus einer Hand Klinikversorgung in dieser Größenordnung bietet. Klares Ziel für die Zukunft sei es, weitere Dienst- und Beratungsleistungen als Neugeschäfte zu generieren. Es scheint so, als habe das MOC über mehr als zwei Jahrzehnte wenig von der Bereitschaft verloren, immer wieder neue Wege zu gehen.