„Offenheit ist die Basis“

Wie schafft man Mehrwert für seine Kunden? Was zeichnet eine gute Partnerschaft aus? Und was wird in Zukunft entscheidend sein, um als Dienstleister erfolgreich zu sein? Martin Rademaker, Vorstand bei FIEGE, spricht im Interview über Herausforderungen und Erfolgsformeln – und er erklärt, warum Kunden-Feedback die wichtigste Währung ist.
Das neue Jahr ist mittlerweile ein paar Wochen alt, aber blicken wir zu Beginn kurz zurück: Was ist dir aus dem vergangenen Jahr besonders in Erinnerung, was waren Deine persönlichen Highlights in 2024?
Jeder, der mich auch nur ein bisschen kennt, weiß, dass der Aufstieg von Preußen Münster in die 2. Bundesliga natürlich ein absolutes Highlight war – sorry, first things first! (lacht) Wenn ich auf die beruflichen Höhepunkte schaue, lande ich immer bei Dingen, die zusammen mit unseren Kunden passieren. Hinter uns liegt ganz gewiss ein sehr herausforderndes Jahr. Der Druck im Markt ist für alle spürbar. Was für mich dann immer besonders ist, sind die Dinge, die aus diesen Herausforderungen entstehen. Wenn wir uns zusammen weiterentwickeln, zum Beispiel durch gemeinsame Automatisierungsprojekte. Und natürlich auch, wenn wir neue Kunden für uns begeistern können. Das ist immer ein Highlight. Dabei denke ich etwa an OACE, mit denen wir innerhalb von nur zwei Wochen nach Vertragsunterzeichnung live gegangen sind, um nur ein Beispiel zu nennen. Insgesamt haben wir im vergangenen Jahr viele tolle Geschäfte gewinnen und Kundenprojekte umsetzen können. Wir haben für ACTION und SEPHORA neue Standorte in Italien eröffnet, wir haben unser neues Logistikzentrum in Bülach in der Schweiz eingeweiht und wir haben für unseren langjährigen Kunden Vorwerk ein neues Lager in Schwelm in Betrieb genommen. Es gab viele Höhepunkte in 2024, die in Erinnerung bleiben.

Die Preußen sind endlich zurück in der zweiten Liga. Zum Saisonstart wünschte Hauptsponsor FIEGE den Adlerträgern mit einem Banner an der Unternehmenszentrale am Flughafen Münster/Osnabrück viel Erfolg.
Ganz allgemein: Was waren oder sind die größten Herausforderungen, vor denen wir als Logistikdienstleister stehen?
Die generelle konjunkturelle Lage bekommt ein relevanter Teil unserer Kunden zu spüren. Es gab in im vergangenen Jahr leider auch Unternehmen, die deutliche Mengenrückgänge zu verzeichnen hatten oder sogar Insolvenz anmelden mussten. Entscheidend ist, dass wir unsere Kunden gerade auch in solchen Zeiten als Dienstleister eng begleiten und bestmöglich unterstützen. Gleichzeitig sehen wir auch Kunden, die trotz der aktuell herausfordernden Zeit erfolgreich sind, die weiter wachsen und mit denen wir neue Standorte eröffnen. Insgesamt profitieren wir davon, dass wir als Gruppe über mehrere Branchen hinweg robust aufgestellt sind und Kundengeschäfte flexibel skalieren können. Diesen Kurs wollen wir in 2025 fortsetzen.
Richten wir den Blick nun nach vorn. Als Logistikdienstleister ist unser oberstes Ziel, echte Mehrwerte für unsere Kunden zu schaffen. Wie definierst Du für Dich den Begriff Mehrwert und wie können wir ihn kreieren?
Mehrwert ist etwas sehr Individuelles. Es gibt dafür keine allgemeingültigen Standards, sondern jeder Kunde definiert ihn auf seine eigene Art. Deshalb ist unsere Mission – we are obsessed by creating value for our customers – so aufregend und deswegen bereitet sie uns auch so viel Freude. Unter dem Strich ist es eigentlich egal, wie der Kunde für sich Mehrwert definiert, entscheidend ist in erster Linie, dass wir ihn für den Kunden schaffen und der Kunde sich auf sein Kerngeschäft konzentrieren kann. Dafür sind wir da. Wir sind Dienstleister. Wir haben kein strahlendes Produkt, das wir verkaufen oder ins Schaufenster stellen können, sondern wir schaffen Mehrwert für unsere Kunden, in dem wir der bestmögliche Dienstleister sind. Wie machen wir das? Indem wir zuhören und die richtigen Fragen stellen, um für jeden Kunden individuell herauszufinden, welchen Mehrwert wir bieten können. Bei einem Kunden ist es die reine Kosteneffizienz, bei einem anderen ist es die Möglichkeit, sein Geschäft flexibel skalieren zu können. Beim nächsten ist es die Digitalisierung und beim übernächsten ist es die Erschließung neuer Vertriebskanäle. Unsere Aufgabe ist es, die jeweiligen Bedürfnisse zu identifizieren und anschließend unseren Teil dazu beizutragen, dass diese Bedürfnisse bestmöglich bedient werden.

Flexibilität durch Automatisierung: Skalierbare Lösungen wie der AutoStore arbeiten bei FIEGE „Hand in Hand“ mit 22.000 menschlichen Kolleg:innen.
Was würdest Du sagen: Worin sind wir richtig gut, wo können wir vielleicht noch besser werden?
Der COO eines großen Unternehmens hat mir mal erklärt, wie wir zu seinem wichtigsten Logistikpartner geworden sind. Er hat gesagt: „Ihr seid schnell im Lösungen finden – fast in fixing.“ Das ist eine große Stärke von uns: Wir denken immer lösungsorientiert und finden zügig Antworten auf die Herausforderungen unser Kunden. Und wenn mal etwas nicht perfekt funktioniert, was zu unserem Geschäft dazugehört, reagieren wir darauf schnell und pragmatisch. Außerdem profitieren wir davon, dass wir eine gute Kundennähe haben. Das macht es einfacher, auch schwierigere Zeiten zusammen durchzustehen und Herausforderungen gemeinsam und entschlossen anzugehen.
Und wo ist noch Luft nach oben?
Jeder Prozess lässt sich immer noch ein bisschen weiter optimieren. Dauerhafte Verbesserung und das Streben nach operativer Exzellenz haben keine natürliche Obergrenze, es gibt keine Ziellinie. Das ist der Grundgedanke von Lean Management – und deshalb werden wir nicht aufhören, uns weiterzuentwickeln. Ich sehe das aktuell an sehr vielen Stellen bei uns in der Organisation, weil wir zum Beispiel die Ergebnisse und Erkenntnisse unserer Customer Survey dafür nutzen, um die Wünsche unserer Kunden noch stärker in den Fokus zu rücken und operativ noch besser und effizienter zu werden.
Stichwort Customer Survey: Auch im vergangenen Jahr haben wir unsere Kunden wieder um ihre Meinung und ihr Feedback gebeten. Was sind die wichtigsten Learnings?
Wir haben eine hohe Kundenzufriedenheit, das ist für uns die wichtigste Kennzahl überhaupt, und der Trend ist weiter positiv. Darüber freue ich mich sehr, weil es zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Was mich außerdem freut, ist, dass wir 2024 eine sehr positive Entwicklung bei den Kunden feststellen konnten, die ein Jahr zuvor zum Teil nicht so zufrieden mit unserer Leistung waren. Das führt uns eindrucksvoll vor Augen, wie wichtig es ist, dass wir gut zuhören, dass wir Feedback von unseren Kunden annehmen und damit arbeiten – und dass wir in den Austausch gehen und gegenseitig Vertrauen und Verständnis aufbauen. Denn, und das ist auch eine spannende Erkenntnis: Die Kunden, die uns am detailliertesten Feedback geben, sind im Durchschnitt unsere zufriedensten Kunden. Je besser wir die Bedürfnisse unserer Kunden kennen und verstehen, desto besser sind wir auch darin, Mehrwerte für sie zu schaffen. Deswegen bin ich so dankbar, wenn uns Kunden ehrlich spiegeln, was gut und was vielleicht auch noch nicht so gut läuft. Das Feedback hilft uns ungemein und spornt uns an, die Zufriedenheit unserer Kunden auch in 2025 weiter zu steigern.

Wir haben viele Kunden, mit denen wir teilweise seit mehreren Jahrzehnten zusammenarbeiten. Was zeichnet für Dich eine gute und erfolgreiche Partnerschaft mit einem Kunden aus?
Offenheit. Ich glaube, das ist die Basis. Wenn man offen miteinander redet, dann entsteht Vertrauen. Wir reden also neben operativer Exzellenz, die natürlich immer gewährleistet sein muss, sehr stark über die Beziehungsebene. Es geht um die Beziehung, die wir zu unseren Kunden haben. Ein ehrlicher und offener Austausch ist immer die Grundlage dafür, dass sich eine Partnerschaft gut entwickeln kann. Es ist ein People Business, die Menschen auf beiden Seiten müssen zueinander passen. Und darüber hinaus müssen wir selbstverständlich in der Lage sein, die Herausforderungen zu meistern, die unsere Kunden haben. Wir müssen bereit sein, schnell auf Veränderungen beim Kunden einzugehen und zu reagieren. Wir müssen beweglich und flexibel bleiben, damit der Bedarf des Kunden zu jeder Zeit im Mittelpunkt steht – nur dann sind wir der bestmögliche Partner.
Hat sich da über die Jahre etwas verschoben oder ist die Basis für gemeinsamen Erfolg immer dieselbe geblieben?
Was sich extrem verändert hat, sind die Rahmenbedingungen, in denen der Erfolg entstehen soll. Die Anforderungen sind heute ganz andere als früher. Die Geschwindigkeit ist viel höher, es gibt deutlich kürzere Planungszyklen. Zusätzlich mussten wir uns in den vergangenen Jahren mit großen Disruptionen auseinandersetzen. Corona, der schreckliche Krieg in der Ukraine, Inflation, der eskalierende Nahostkonflikt: Jede Generation hat ihre ganz eigenen Herausforderungen – und das Tempo, mit dem alles passiert, ist gerade immens hoch. Was sich allerdings nicht verändert hat: Die Beziehungsebene ist weiterhin die entscheidende. Die Beziehung zu unseren Kunden, zu unseren Partnern, zu unseren Kolleginnen und Kollegen, das ist über Generationen hinweg die Grundlage für unseren Erfolg geblieben. Dazu kommt unser Anspruch an uns selbst. Wir wollen als Unternehmen in Bewegung bleiben und wir erfinden uns immer wieder neu – mittlerweile seit 152 Jahren.

Wie transformiert man eine Organisation so, dass Mehrwerte für die Kunden entstehen? Diese Frage wird beim diesjährigen FAST & FORWARD, dem FIEGE Netzwerk-Event in Berlin, im Mittelpunkt stehen.
Was wird in Zukunft entscheidend sein, damit wir weiterhin Mehrwerte für unsere Kunden schaffen können?
Wir arbeiten gerade sehr akribisch daran, unsere Organisation noch näher am Kunden auszurichten, damit wir immer noch ein bisschen besser verstehen, was unsere Kunden und die, die es hoffentlich werden, brauchen. Und wir werden noch schneller auf Veränderungen und – oft plötzliche – Herausforderungen auf Kundenseite reagieren müssen, als wir es heute schon können. Unsere Kunden werden zukünftig eine noch höhere Flexibilität von uns erwarten, damit müssen wir umgehen können. Hinzu kommen die großen Themen, die uns alle beschäftigen und umtreiben: Digitalisierung, Automatisierung, Künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit. Außerdem möchten und müssen wir unsere Position als attraktiver Arbeitgeber weiter festigen. Für die Aufgaben, die vor uns liegen, brauchen wir ein starkes Team – und wir wollen auch auf einem angespannten Arbeitsmarkt die Kolleginnen und Kollegen finden und langfristig an uns binden, die am besten zu uns passen.
Welche Rolle spielen Kooperationen mit anderen Unternehmen wie beispielsweise Start-ups?
Eine sehr zentrale. Wir sind ein partnerschaftlich getriebenes Unternehmen. Die Zusammenarbeit mit unseren Partnern und Lieferanten ist extrem bedeutend. Wenn wir zum Beispiel über Automatisierung sprechen, dann schaffen wir das nicht alleine, sondern wir brauchen starke Partner an unserer Seite, mit denen wir zusammen Lösungen entwickeln, testen und zur Marktreife führen. Das gilt genauso für den gesamten Innovations- und Weiterentwicklungsprozess, in dem zum Beispiel Kooperationen mit Start-ups superwichtig sind. Entscheidend ist: