Road to Automation
Am FIEGE Standort in Greven-Reckenfeld unterstützen zwei autonome mobile Roboter (AMR) die Einlagerung von Kleinteilen.
Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass im FIEGE Mega Center in Reckenfeld Segways unterwegs sind. Bei genauerem Hinsehen erkennt man allerdings, dass es sich dabei um zwei kollaborative Roboter vom Typ TUGBOT handelt, die von RoboSavvy entwickelt wurden und mit der MOV.AI Robotics Engine Platform arbeiten. Die beiden AMR übernehmen automatische Quelle-Senke-Transporte von Einlagerungswagen, in denen sich Elektronikartikel befinden. Nach einem erfolgreichen vierwöchigen Pilotprojekt hat Fiege nun zwei TUGBOTs angeschafft.
Aller Anfang ist schwer
Dabei sah es anfangs gar nicht danach aus. „Kennengelernt haben wir RoboSavvy und MOV.AI vor gut zwei Jahren über WAKU Robotics, einen unserer Partner für Automatisierungsprojekte“, erinnert sich Jens Veltel vom Fiege Engineering. Das Interesse am TUGBOT sei zwar von der ersten Sekunde an groß gewesen, ein erster Pilot war jedoch gescheitert. „Wir haben damals festgestellt: Die Technik war noch nicht bereit für einen effizienten Einsatz im operativen Betrieb unserer Läger“, sagt Veltel.
Das lag unter anderem daran, dass das Fiege Engineering in solchen Tests voraussetzt, dass die Systeme völlig autark vom Hersteller in die eigenen Prozesse eingebunden sind. „Wir möchten Erfahrungen sammeln und ein immer besseres Gefühl für Robotik entwickeln. Deshalb prüfen wir nicht allein die Technik, sondern vor allem auch, ob und wie sie in der FIEGE Welt funktioniert“, erklärt Veltel.
Auf Wiedervorlage
Dass der erste Test nicht von Erfolg gekrönt war, nahm Fiege allerdings nicht zum Anlass, den Kontakt mit RoboSavvy und MOV.AI abzubrechen. Rika Voß vom Fiege Engineering erläutert: „Wenn wir an eine Technik glauben, lassen wir uns von Rückschlägen nicht entmutigen und geben den Unternehmen Zeit für weitere Entwicklungen.“ Deshalb wurden die Robotikexperten im August vergangenen Jahres für einen weiteren Proof of Concept (PoC) eingeladen.
Und dieses Mal erfüllten der TUGBOT und MOV.AI die Erwartungen. Zuverlässig manövrierte er die Einlagerungswagen im wechselseitigen Verkehr auf der knapp 100 Meter langen Strecke. Diese liegt in der oberen Etage des zweigeschossigen Gebäudes in Reckenfeld, wo die kleinen Helfer kollaborativ mit Langläufern und Menschen verkehren. „Die Kupplung wurde eigens im 3D-Drucker gefertigt, prinzipiell kann also jedes System gezogen werden“, sagt Voß.
Übernahme in den Regelbetrieb
Da die Prozesse stabil liefen, entschied sich Fiege für den Kauf der beiden AMR und gab ihnen besondere Namen, wie der Verantwortliche am Standort Greven-Reckenfeld und Key User Kevin Stulert erzählt: „Wir haben sie Adam und Eva getauft, da sie die ersten ihrer Art bei uns sind. Mittlerweile haben die beiden jeweils über 700 Kilometer zurückgelegt.“ Noch werden die TUGBOTs manuell mit Aufträgen gefüttert, es ist aber denkbar, sie langfristig in das Warehouse-Management-System einzubinden. Sämtliche Aktivitäten von Adam und Eva behält das Projektteam über ein Fleet Dashboard im Blick.
Die ROS-basierte MOV.AI Robotics Engine Platform versorgt den TUGBOT mit seinen Roboternavigations- und Flottenmanagementsystemen, die einen autonomen Betrieb ermöglichen. „In den Systemen ist eine sich aktualisierende Karte ihres Einsatzgebietes hinterlegt, mithilfe derer sie sich selbstständig zurechtfinden können. Nimmt der TUGBOT ein Hindernis wahr, bleibt er stehen und wartet, bis die Bahn wieder frei ist“, sagt Stulert.
Die Verfügbarkeit des TUGBOT ist aufgrund langer Ladezeiten noch begrenzt. Deshalb hat RoboSavvy den Roboter weiterentwickelt und zahlreiche Verbesserungen integriert. Besonders hervorzuheben beim TUGBOT 2 ist das kabellose Ladesystem, das einen Dauerbetrieb von bis zu acht Stunden bei 25-minütiger Ladezeit ermöglicht. Wenn die neue Generation im Mai 2022 auf den Markt kommt, wird FIEGE seine bisherigen Geräte austauschen und den TUGBOT 2 als erstes Unternehmen in Europa in Betrieb nehmen.
Mensch und Maschine
Das Thema Automatisierung ist bei Fiege ein fortwährender Prozess. In enger Abstimmung mit dem LEAN-Management-Team werde geprüft, wie sich die Prozesse im Hinblick auf die Theorie der 7+1 Verschwendungsarten (zu Japanisch: Muda) effizienter gestalten lassen – zum Beispiel durch das Vermeiden unnötiger Laufwege.
Dabei gehe es nicht darum, den Menschen zu ersetzen, sagt Florian Greve, verantwortlicher Betriebsleiter für den Bereich, in dem die autonomen Roboter eingesetzt werden: „Mit der Bereitstellung der Transportgeräte übernehmen die TUGBOTs eine banale und wiederkehrende Aufgabe. Von solchen können wir unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entbinden und in wertschöpfenden Prozessen einsetzen, in denen menschliche Fähigkeiten unabdingbar sind.“